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Sie sind die
regionale Ant-
wort auf das
Weltkarussell
der Mode. Da-
hinter steckt
der
starke
Wunsch un-
serer mobilen
Ge s e l l s cha f t
nach Identität.
Das
Tragen
von Tracht be-
deutet Iden-
tifikation mit
der eigenen
Herkunft, ein
Stück Heimat
auf der Haut.
So reihen sie
sich ein, das
Dirndl und die
Lederhose, in die Renaissance des Regionalen:
Wer Bio-Bauernmärkte schätzt, junge Blasmusik
aus Bayern hört und gerne heimatverbundene
Lifestyle-Magazine liest, der ist oft auch erfasst von
einer neuen Welle der Trachtenbegeisterung.
Laptop und Lederhose – mit diesem geflügelten
Gegensatzpaar präsentiert sich der Freistaat gern
als zukunftsträchtiges Zentrum, das uralte Tra-
ditionen und modernste Hightech unter einen
Hut zu bringen vermag. Dabei hat es aber mit
der Ehrwürdigkeit von Tracht und Lederhose erst
eine relativ junge – und auch: hochpolitische! –
Bewandtnis. Demonstrativ zog die königliche
Familie der Wittelsbacher in der Mitte des 19.
Jahrhunderts die ländliche Kleidung ihres Volks
an und fuhr mit dieser Sympathieoffensive reiche
Ernte ein.
Wer heute an Bayern denkt, der denkt auch an
Trachten. Das war nicht immer so: Als 1806 das
Königreich gegründet wurde, fehlte es an gemein-
samen Symbolen. Sprachliche und landschaftliche
Unterschiede erwiesen sich als Trennfaktoren für
Franken, Schwaben und Pfälzer, die nun plötzlich
auch Bayern sein sollten. Deshalb betrieben die
Wittelsbacher erfolgreich Werbung in eigener Sa-
che: Zur Hebung des bayerischen Nationalgefühls
begründeten sie 1810 das Münchener Oktober-
fest.
Dies ist zugleich die Geburtsstunde staatlicher
Trachtenpflege, deren Anliegen es war, mittels
regionaler Kleidung der bayerischen Identität ein
Gesicht zu geben. Dabei bediente man sich – man-
gels verbürgter historischer Vorbilder – einer Fanta-
siekleidung, die wir heute ganz selbstverständlich
als Versinnbildlichung von Tradition, Heimat und
Zugehörigkeit begreifen.
So war das Dirndl keineswegs ein authenti-
sches Kleidungsstück, vielmehr verkörperte
es die Idee der Städter vom idyllischen Leben
am Land. Trotzdem machte die Tracht Karrie-
re. Sie erlangte Salonfähigkeit und wurde von
den bayerischen Königen geadelt. Diese im 19.
Jahrhundert begründete enge Verknüpfung von
Kleidung und Zugehörigkeit setzt sich bis heute
fort. Nach wie vor darf die Tracht in keinem bay-
erischen Kleiderschrank fehlen. Und als höchst
erfolgreicher Exportartikel stehen Dirndl und Le-
derhose für Bayern und das bayerische Lebens-
gefühl schlechthin.
Öffnungszeiten: Dienstag bis Sonntag 10–16 Uhr, geschlossen am 1. Mai 2016
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